Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner
Zwei, die niemals abgehoben haben

Es war am 8. April 1989, exakt um 21:24 Uhr, als sich für beide ein Traum erfüllte. Da schwebten zwei junge Leute, der eine damals 20, der andere 19, auf der immer wieder zitierten Wolke Nummer 7 und versprachen doch der Sportnation: "Wir heben nicht ab!" Dies haben sie bis zum heutigen Tag auch nicht getan - auch nicht nach den vielen weiteren Erfolgen, die Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner noch erzielen konnten. Dem Rummel, der um Stars gemacht wird, begegnen sie längst mit großer Souveränität. Gewiß, zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Laufbahn wollten sie etwas erreichen, dachten an Medaillengewinne bei Welt- und Europameisterschaften, eventuell sogar bei Olympischen Spielen. Sie waren sich aber auch sicher, daß sie eines auf jeden Fall bleiben wollten: normale Menschen; Menschen ohne Allüren, mit denen man reden, die man um etwas bitten kann.

Beide haben ihren Platz im Leben gefunden; und sie sind, ganz besonders wichtig, auch dann noch Freunde geblieben, als sich ihre sportlichen Wege trennten. Denken Rossi und Speedy eigentlich manchmal noch an den Beginn? An die Zeit, als beide noch Kinder waren, damals, Ende der siebziger Jahre? Als sie so alt waren, wie ihr eigener Nachwuchs heute? Wenn sie darauf angesprochen werden: dann schon. Fetzner, der sich inzwischen aus der Nationalmannschaft verabschiedet hat, wuchs in einem kleinen Ort in Baden auf und erinnert sich noch heute genau an seine ersten Erfahrungen: "Ich hatte damals nur ein Küchenbrett mit Griff. Da habe ich Sonntagmorgens meine Eltern genervt. Die wollten noch schlafen, doch ich habe mit diesem Brett den Ball dauernd gegen eine Wand in der Wohnung geschlagen." Wenig später erhielt er dann seinen ersten richtigen Schläger - und mußte sich bald auch nicht mehr wegen Ruhestörung schelten lassen. Ein Nachbar nämlich schenkte seinem Sohn in den Sommerferien des Jahres 1977 einen Tischtennis-Tisch, und dieser Junge mit Namen Frank Mayer erwarb sich dann die ersten Verdienste als Trainer: "Er hat mir gezeigt, wie das so einigermaßen richtig geht."

 

Der sportliche Weg seines späteren Partners war dagegen vorgezeichnet. Dessen Eltern und der zwei Jahre ältere Bruder Thomas gehörten in ihrem hessischen Wohnort bereits einem Verein an, in dem Mitglied zu sein, fast eine gesellschaftliche Pflicht ist - und die gesamte Familie spielte dort Tischtennis. Zu einem Küchenbrett mußte er also nicht greifen; wichtiger noch: Schon früh wurde Jörg von dem späteren Bundestrainer Horst Heckwolf als Talent entdeckt, dann auch von dem inzwischen verstorbenen Verbandstrainer Jürgen Lieder und von Helmut Hampl gefördert: "Ich hatte in dieser Beziehung immer Glück." Der erste Vertrag, für Schläger und sonstiges Material, wurde für ihn schon im Alter von neun Jahren abgeschlossen; und als er 13 war, wechselte er bereits zu einem Zweitliga-Verein, der Frankfurter TG von 1847, deren Meistermannschaft schließlich die jüngste aller Zeiten werden sollte.

Wie war das mit der Bezahlung damals? Da muß er nicht lange überlegen: "Für mich gab es zunächst nur 20 Mark für ein gewonnenes Spiel. Ein Jahr später, als ich schon wirklich gut gespielt habe, bekam ich monatlich 265 Mark und als Prämie 40 Mark pro Sieg."

Sein Partner freilich, der in Kurt Hock seinen ersten Verein - "In dessen Klub spielte ich auch noch Fußball" - und in Karl Lehmann seinen ersten Verbandstrainer hatte, bekam Geld für seinen Sport erst bei seinem fünften Verein, bei dem die beiden dann gemeinsam ihre internationale Karriere begannen: "Das waren damals 800 Mark pro Monat. Ein ganz nettes Sümmchen für die damalige Zeit."

Erinnern sich die beiden noch an ihren ersten gemeinsamen Auftritt bei einer bedeutenden Veranstaltung? "Natürlich", ist die spontane Antwort. Bei einem C-Kader-Lehrgang des DTTB waren sie sich 1981 erstmals begegnet, und bereits ein Jahr später stellte Bundestrainer Klaus Schmittinger bei den Europameisterschaften in Hollabrunn Rossi und Speedy erstmals als Doppel auf. Ein Doppel, das später einmal zu den erfolgreichsten in der Welt des Tischtennis gehören sollte.